Brodeln unter Italien: Sorgen nach Erdbeben in Neapel – wie gefährlich ist der „Supervulkan“?

In der Nähe von Neapel liegen die sogenannten Phlegräischen Felder. Dieses oft als „Supervulkan“ bezeichnete Gebiet bereitet Forschenden Sorgen: Steht möglicherweise bald ein Ausbruch mit weitreichenden Folgen bevor? Ein Vulkanologe erklärt, welche Gefahr tatsächlich droht.

Vulkanausbrüche können verheerende Folgen haben. Neben Auswirkungen auf die Natur können je nach Lage des Vulkans bei einem großen Ausbruch auch Menschen und Städte Schaden nehmen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beobachten die Aktivitäten von Vulkanen deshalb genau, um drohende Ausbrüche frühzeitig zu erkennen.

Aktuell wird verstärkt über einen möglichen Ausbruch des Vulkans in den Phlegräischen Feldern bei Neapel in Italien spekuliert. Forschende beobachten seine zunehmende Aktivität besonders aufmerksam und versuchen Signale zu erkennen, die auf einen baldigen Ausbruch hindeuten könnten.

Bei dem Vulkan in den Phlegräischen Feldern handelt es sich um einen sogenannten „Supervulkan“, der bei einem Ausbruch großflächige und schwerwiegende Zerstörung anrichten könnte.

Derzeit ist die Sorge wieder groß. Denn in der Umgebung der süditalienischen Großstadt Neapel ist es am Montagabend (11. März) zu einem Erdbeben gekommen. In den sozialen Netzwerken berichteten Anwohner von Erschütterungen über mehrere Minuten hinweg.

Außerdem gab es bereits im dicht besiedelten Erdbebengebiet Campi Flegrei, wörtlich übersetzt die brennenden Felder, am 3. März im Meer ein Erdbeben der Stärke 3,4. Teile der Bevölkerung sind seitdem besorgt über einen möglichen Ausbruch des „Supervulkans“.

Das versteht man unter „Supervulkanen“

Der Begriff „Supervulkan“ wurde vor einigen Jahren in den Medien etabliert und wird seitdem immer wieder in der Berichterstattung aufgegriffen. Er steht in der Regel für Vulkane mit besonders großer Magmakammer im Untergrund oder für Vulkane, die bereits vor vielen Jahrhunderten oder Jahrtausenden durch große Ausbrüche in Erscheinung getreten sind. Die Bezeichnung und auch Einordnung basiert allerdings nicht auf einer wissenschaftlichen Definition, diese gibt es zu dem Begriff „Supervulkan“ nämlich nicht.

Dementsprechend lässt sich auch nicht exakt festlegen, wie viele Vulkane weltweit als „Supervulkane“ einzuordnen sind. Häufig werden aber unter anderem der Yellowstone im Yellowstone-Nationalpark in den USA, der Taupo in Neuseeland und eben der Vulkan in den Phlegräischen Feldern als solche Supervulkane bezeichnet.

Welche Gefahr geht vom Vulkan in den Phlegräischen Feldern aus?

Das vulkanisch aktive Gebiet in den Phlegräischen Feldern (Italienisch: „Campi Flegrei“) erstreckt sich westlich von Neapel auf einem Gebiet von etwa 150 Quadratkilometern. Die Region ist auch touristisch attraktiv, Anziehungspunkt ist zum Beispiel die Küstenstadt Pozzuoli.

Ein Ausbruch könnte also für viele Menschen Konsequenzen haben, deshalb wird seine Entwicklung aufmerksam beobachtet. Bereits seit einigen Jahrzehnten hat sich die Aktivität in den Campi Flegrei nämlich verstärkt.

„Für uns Vulkanologen sind die Phlegräischen Felder ein daueraktives Vulkansystem. Dies bedeutet für uns aber nicht, dass dort dauernd Lava zu sehen ist. Im Gegenteil, seit dem letzten Ausbruch 1538 hat man dort keine Lava mehr beobachtet. Momentan gibt es an der Oberfläche aber Phänomene und Erscheinungen, die ganz eindeutig auf eine Wärmequelle im Untergrund zurückzuführen sind.

Das sind einmal Bodendeformationen, der Boden hebt und senkt sich also, manchmal können wir Erdbeben messen und es gibt Stellen, an denen variabel heiße Gase austreten, die aus dem heißen Magma im Untergrund kommen,“ erklärt der Vulkanologe Ulrich Küppers im Gespräch mit unserer Redaktion.

Verformt oder wölbt sich die Gesteinskruste durch aufsteigendes Magma, führt das zu Spannungen, die zum Beispiel Risse oder Brüche in der Kruste verursachen können. Aus diesen könnte dann aufsteigende Lava ausströmen. Ob es so weit aber tatsächlich kommt, dafür gibt es zumindest aktuell noch keine konkreten Anhaltspunkte.

Mögliche Folgen von Ausbrüchen lassen sich kaum konkret vorhersagen. Auch lassen sich Schäden und Auswirkungen von früheren Ausbrüchen nicht als Anhaltspunkte nehmen. Denn nicht nur bei der technischen Überwachung vulkanischer Gebiete, sondern auch hinsichtlich ziviler Schutzmaßnahmen, etwa durch Evakuierungen, hat man heutzutage viel mehr Möglichkeiten, Menschen umfangreicher zu schützen, als das noch vor Jahrhunderten oder Jahrtausenden möglich war.

„Die Folgen eines zukünftigen Ausbruchs in den Phlegräischen Feldern abzuschätzen, ist schwierig“, sagt auch Küppers. „Wir arbeiten mit Ausbruchsszenarien und versuchen die Wahrscheinlichkeit zu erfassen.

Neben Startzeit und Dauer eines Ausbruchs haben wir als weitere Unwägbarkeiten den Ort und die Stärke in Betracht zu ziehen. Ich sehe ein weiteres Problem darin, dass sich viele Menschen nicht an die Weisungen der Behörden halten und es dadurch zu Schäden kommen könnte, die man hätte verhindern können.“

Verhalten eines Vulkans auch für Experten nicht verlässlich vorhersehbar
Auch wenn die Phlegräischen Felder zur Zeit etwas anfälliger für eine Eruption sein könnten, lässt sich momentan nicht zuverlässig einschätzen, wie hoch das Ausbruchsrisiko ist.

„Es gibt aktuell nichts, was uns mit Sicherheit vorhersagen lässt, wie der nächste Ausbruch ausfällt und wann es dazu kommt. Deshalb muss man verschiedene Szenarien im Kopf haben und die Überwachungssignale versuchen richtig zu deuten,“ sagt Küppers.

„[W]as beim nächsten Mal passieren könnte, wissen wir nicht, und mit dieser Ungenauigkeit müssen wir leben.“

Vulkanologe Ulrich Küppers über die Schwierigkeiten bei der Vorhersage von Vulkanausbrüchen

Außerdem sei es wichtig zu wissen, dass ein Vulkan nicht immer dasselbe Ausbruchsverhalten zeige: Es gibt größere und kleinere Ausbrüche. „In den Phlegräischen Feldern war der letzte Ausbruch Jahr 1538 ein kleiner, genauso der letzte Ausbruch des Vesuvs im Jahr 1944. Doch was beim nächsten Mal passieren könnte, wissen wir nicht, und mit dieser Ungenauigkeit müssen wir leben,“ erklärt der Vulkanologe.

Auch Forscher vom University College London beschäftigen sich mit den Entwicklungen an den Campi Flegrei. Sie stehen vor der Herausforderung, mögliche Warnzeichen richtig einzuordnen und auf verschiedene Eventualitäten vorbereitet zu sein. Sie halten aktuell vor allem drei Szenarien in den Phlegräischen Feldern für möglich:

Es könnte passieren, dass der Druck im Untergrund nachlässt und es nicht zu einem Bruch der Kruste kommt.

Es treten tatsächlich Risse auf. Dann wäre es aber trotzdem möglich, dass diese schnell wieder verstopfen und sich die Bodenbewegungen sanft einpendeln.

Es kommt durch weitere Hebungen des Bodens zu Rissen der Kruste über dem Vulkan, die eine Eruption ermöglichen.

Was am Ende wirklich passiert, kann man nur abwarten. Küppers macht es mit folgendem Vergleich deutlich: „Man kann es sich vielleicht besser vorstellen, wenn man an Tage mit vorhergesagten Gewittern denkt.

Man weiß, dass eine Schlechtwetterfront kommt, aber ob sich das Gewitter genau an einer bestimmten Stelle oder fünf Kilometer weiter entlädt, das ist durch so viele Parameter kontrolliert, dass man das kaum geografisch genau vorhersehen kann. Auch mögliche Folgen lassen sich kaum vorher abschätzen. Das ist eine Unwägbarkeit der Natur, die man akzeptieren muss.“

Der Experte erklärt weiter: „Das Wetter lässt sich nicht immer genau prognostizieren, obwohl man die Bewegungen über Satelliten beobachten kann. Bei Vulkanen sprechen wird über Prozesse in der Erdkruste, die wir nicht direkt sehen können, dementsprechend lassen sich auch keine zuverlässigen Prognosen erstellen.“

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